Klang und Licht in stets neuer Form

Kurt Laurenz Theinert und Tobias Wittmann „zaubern“ in der St. Urbanus-Kirche

„Klang und Licht verbinden sich zu immer neuen Formen. Die bewegten Lichtskulpturen, die Kurt Laurenz Theinert mit seinem einzigartigen ‘visual piano’ live improvisatorisch im gesamten Raum entstehen lässt, weiten dessen Dimensionen bis hin zur Grenzenlosigkeit. Damit stehen Raum, Licht und Klang in einer faszinierenden Synthese“ – meint Tobias Wittmann über das Konzept „Lichträume – Klangräume“, welches kürzlich in der St. Urbanus-Kirche stattgefunden hat.

Wechselnde Perspektiven

Licht hören – Klänge sehen. Zuhören mit wechselnden Perspektiven. Das Unerhörte sehen, das Gehörte als Bild erinnern. Töne, im Netz gefangen, aus dem sakralen Raum befreit. Die Zuhörer, staunend und begeistert ob alt oder jung, sind hörend Teil des Bildes und sehend Teil des Klangs. Lichtjahre voneinander entfernte technische Meisterwerke spielen mit­einander.

Tobias Wittmann, Regionalkantor für das Stadtdekanat Stuttgart, interpretierte zunächst auf der ­historischen Stockmann-Orgel der Voßwinkler St.-Urbanus-Kirche Robert Schumanns sechs Studien für den Pedalflügel. Kurt Laurenz Theinert, Stuttgarter Lichtkünstler, beleuchtete mit seinem weltweit einmaligen „visual piano“ diese reizvollen romantischen Kleinode von innen und außen, erleuchtete die Klänge ebenso wie die Zuhörer, ließ jede harmonische Nuance in faszinierendem Licht erstrahlen. Mancher rückte unwillkürlich zur Seite, glaubte, dem virtuellen Schwung ausweichen zu müssen, spürte neugierig warmen und kalten Farben nach, fand seinen Höreindruck hier bestätigt, dort irritiert. Die Wahrnehmung war zwischen Auge und Ohr hin und her gerissen, ge- und entspannt, immer begeistert. Selten war man so intensiv mental beteiligt an einer Aufführung, selten so unmittelbar Teil synästhetischer Verknüpfungen und Empfindungen.

Wenige Momente später – Aktion und Reaktion hatten die Seiten gewechselt – tauchte Tobias Wittmann improvisierend Töne in tanzendes, verlockendes Licht, Klänge in betörende Farben, Taktsequenzen in geometrische Bilder von unbeschreiblicher Kraft. Das Offensichtliche provozierte ab­strakte Akkorde, frappierende ­Stille folgte auf Blitze, donnernder Mixturenklang auf Dunkelheit.

Ein unvergesslicher Abend

Phantastische, irrationale Verbindungen sind möglich, erlaubt, gleichermaßen wohltuend verständlich und angenehm verwirrend. „Ein unvergesslicher Abend“ applaudierten ausnahmslos die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer, die das erleben durften – und sie sparten in ihren Kommentaren beim Verlassen der Kirche nicht mit Superlativen.

Bericht vom 15.10.2014