Ortgeschichte

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Bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Voßwinkel, mit Ausnahme von kleineren Ziegeleien die aus Voßwinkeler Tonschiefer Ziegelsteine und Dachpfannen herstellten[8], eine rein bäuerliche Gemeinde. Im Zuge der Industrialisierung mussten die Einwohner, die nicht auf eigenem Grund und Boden oder in den Diensten der Boeselager’schen Gutsverwaltung/Schloss Höllinghofen standen, lange Anmarschwege in Kauf nehmen, um in den aufstrebenden Nachbargemeinden Neheim, Hüsten und Wickede zu arbeiten. Dieses änderte sich, als im Jahre 1871 die Gebrüder Theodor und Egon Cosack die erste für Voßwinkel nennenswerte Fabrik fast gegenüber der St. Urbanus Kirche errichteten. Bis zum Jahr 1921 wurden dort mit über 100 Beschäftigten Polsternägel produziert, danach erfolgte die Umstellung auf die Herstellung von Kartonagen.

Am 9. November 1885 wurde in Voßwinkel die Spar- und Darlehenskasse für Voßwinkel, Bachum und Wimbern nach dem System des Friedrich Wilhelm Raiffeisen als Genossenschaftsbank durch Zusammenschluss von 78 Bankmitgliedern gegründet.[9]

Am 1. April 1886 bekam der Ort eine sog. Posthülfstelle für das Unterdorf, die ab dem 1. April 1892 mit Ausdehnung auf alle Dorfbereiche als Postagentur der Reichspost weitergeführt wurde. Am 13. Juni 1894 wurde die Telegrafenlinie Neheim-Voßwinkel in Betrieb genommen.[10]

Im Jahre 1897 erhielt Voßwinkel einen eigenen Bahnhof an der oberen Ruhrtalbahn und die im Jahr 1900 in der Nähe des Bahnhofes gebaute größere Ringofenziegelei[8] erhielt einen eigenen Anschluss. In der gleichen Zeit entstand am Bahnhof eine Zweigstelle der Firma Louis Arens aus Menden, die mit 40 Arbeitern vorwiegend Polsternägel – wie auch die Firmen „Wittmann“ und „Schäfer“ an der Alscherstraße – herstellte. Am 13. Juli 1899 wurde die erste Bäckerei (Bäckerei Voß, heute Bäckerei Coerdt) in Betrieb genommen.

Am 24. Oktober 1921 wurde Voßwinkel an das elektrische Netz angeschlossen, was die Gemeinde 400.000 Reichsmark kostete. Der Betrag wurde im Wesentlichen durch Schenkungen des Hauses von Boeselager auf Schloss Höllinghofen und von Firmen, Jagdpächtern und Landwirten aufgebracht.

1938 wurde als weitere größere Fabrik inmitten des Dorfes an der Südstraße die Werkzeugbauanstalt Rittinghaus Söhne (heutige Gebäude der Firma Stock Industrie- und Hallenbau) errichtet und bereits im Jahr 1939 erweitert.

Im Zweiten Weltkrieg entstand im Bereich des Bahnhofes ein Lager der Organisation Todt (OT-Lager) mit Zwangsarbeitern, wahrscheinlich für Aufräumarbeiten im Rahmen der Möhnekatastrophe. Weitere Lager waren in Höllinghofen sowie von 1942–1945 mitten im Ort im Saalbau Schlüter für Zwangsarbeiter der Firmen Cosack Kartonagen und Rittinghaus & Söhne.[11] Am 14. April 1945 wurde Voßwinkel von den amerikanischen Truppen besetzt. Während des Krieges gab es unter der Zivilbevölkerung in Voßwinkel nur eine Tote, die bei einem Bombenangriff starb. Bei einem Tieffliegerangriff auf den Bahnhofsbereich Anfang April 1945 wurde ein Angehöriger der Organisation Todt tödlich getroffen. Er wurde auf dem Voßwinkeler Friedhof beigesetzt.

Voßwinkel-Logo zum Jubiläum 2012 an einer Hauswand

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Einwohnerzahl insbesondere durch die Aufnahme von 350 Flüchtlingen aus den Ostgebieten, von denen die meisten am Ort verblieben. Anfang der 1950er Jahre wurde die Siedlung „Am Stakelberg“ (früher Sonnenufer) gebaut[12], in den 1960er Jahren kam die Siedlung „Höggenbach“ (untere Alscherstraße) hinzu.

1951 erfolgte der Bau der Wasserleitung und die heutige Voßwinkeler Straße bekam die Anschlussmöglichkeit für das Gasnetz. Ebenfalls im Jahr 1951 entstand der stattliche Neubau der Ziegelei am Bahnhof.

Im Jahr 1969 bekam der Ort ein völlig neues Gesicht, da die als Durchgangsstraße verlaufende Bundesstraße 7 von Grund auf neu hergestellt wurde. Die rechts und links der Straße stehenden großen Linden, die einen Alleecharakter erzeugten, wurden gefällt, die Straße wurde verbreitert, auf beiden Seiten wurden Bürgersteige angelegt und auf einer großen Länge Längsparkstreifen gebaut.

Mit der kommunalen Neugliederung am 1. Januar 1975 verlor die Gemeinde Voßwinkel ihre Selbstständigkeit und wurde der heutigen Stadt Arnsberg als Stadtteil angegliedert.

Eine besondere Veränderung im Ortsbild und -charakter erfolgte im Jahr 1982 mit dem Abriss der mitten im Ort stehenden Kartonagenfabrik Cosack und deren Umzug ins benachbarte Industriegebiet Bergheim. Die Ortskernsanierung, aber auch expandierende Gründe der Firma Cosack waren für diesen Schritt ausschlaggebend. Acht Jahre dauerte es dann noch, bis die entstandene Brache mit Häusern, einem kleinen Platz mit Bänken und einem Dorfbrunnen bebaut und im Jahr 1990 feierlich eingeweiht wurde. Dieser Dorfmittelpunkt trägt sowohl in Amtssprachen wie auch im Volksmund den Namen „Gelände Cosack“ oder „Cosack’sches Gelände“. Auf besagtem Gelände befindet sich heute ein Mehrfamilien- und Geschäftshaus.

Im Jahr 2012 feierte der Ortsteil sein 825-jähriges Bestehen mit umfangreichen Aktionen und Festivitäten.