Ortgeschichte

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Die erste urkundliche Erwähnung findet sich im Jahre 1187. Hier tritt in einer Urkunde des Erzbischofs Philipp ein Gerhardus de Vosswinckele als Zeuge auf. Genannt: Lubert von Voßwinkel, der Odenhausen (bei Neheim) als Lehen besaß. Im Jahre 1214 wird die Kirche von Voßwinkel in einer Urkunde des Klosters Oelinghausen erstmals erwähnt. Ferner steht in einer Urkunde des Dechanten Heinrich von Iserlohn aus dem Jahre 1231 in der Reihe der übrigen Zeugen der Pfarrer Elricus de Vosswinckele. Bereits in der Zeit der Arnsberger Grafen gab es in Voßwinkel also eine eigene Pfarrgemeinde, die noch längere Zeit Teil des Kirchspiels Hüsten blieb. In weiteren Urkunden werden Heinrich von Voßwinkel, als Bruder des Propstes von Marsberg und ein anderer Heinrich von Voßwinkel, der 1295 einen Wald dem Kloster Oelinghausen geschenkt hatte, erwähnt.

Einer der Ursprünge des Ortes war der Wiethoff, der von dem Geschlecht der Edlen von Voßwinkel bewohnt wurde. Zu den ersten Höfen zählten daneben der Haarhof, der Niederhof (Gut Nierhof), der 1344 zum Adelsgeschlecht Freseken gehörte, Haus Höllinghofen sowie Höfe der Geschlechter Blumenthal, von Plettenberg, von Bredenol und von Boynen.

Das Kloster Oelinghausen hatte auf der Voßwinkeler Flur langjährigen Besitz. Es erwarb durch Kauf im Jahr 1328 eine Hufe Voßwinkeler Landes, 1413 ein abgeschlossenes Gut, den so genannten „Dreckhof“ und 1475 neun Morgen Ackerland. 1387 wird unter den Besitzungen des Klosters auch eine Scheune „im Kirchhofe“ zu Voßwinkel erwähnt, die dem jeweiligen Pastor zur Benutzung überlassen ist. Der „Dreckhof“ war Jahrhunderte lang im Besitz des Klosters und wurde stets verpachtet. Der Erbpächter hatte einen einmaligen Erbgewinn zu entrichten, doch nach dem Dreißigjährigen Krieg verlangte das Kloster außerdem „landläufigen“ Gewinn. Im Heberegister des Klosters von 1657 heißt es „Obschon jetziger Dreckhof … dem Kloster volschuldigh und leibeigen geboren, muss doch der Hof wie landgebräuchlich gewunnen werden“.[2] Auch der Haarhof befand sich im Besitz des Klosters Oelinghausen, denn im Heberegister steht „Wie auch jetziger colonus vom harhoff leibeigengeborn ist, muss aber nun und hinfuhro alle 12 jahr oder wie landtgebrauchlich und als offt einer von den inhabern stirbt, ganz oder halb gewinnen.“[3]

Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts erscheinen die Wulffe von Lüdinghausen als Burgmänner von Neheim im Besitz des Haupthofes zu Voßwinkel. So erhielt Heinrich Wulf von Lüdinghausen 1364 den Haupthof zum Lehen. Ein Nachkomme Heinrich Wulfs wurde 1415 vom Erzbischof belehnt mit dem Burglehen in Neheim und dem Hof- und Holzgericht zu Voßwinkel. Die Wulfe wohnten später auf Haus Füchten, das sie durch Verheiratung mit denen von Uffeln bei Werl erhalten hatten. Eine Erbtochter dieses Geschlechtes heiratete den Arnold Christoph von der Horst, der 1678 das Burglehen zu Neheim erhielt, den Hof zu Voßwinkel, Hof- und Holzgericht und die erzbischöflichen Dienste zu Voßwinkel. Der Sohn Arnold Friedrich konnte 1695 mit der kurfürstlichen Erlaubnis das Voßwinkeler Lehen für 1000 Taler seinem Schwager von Droste zu Amecke veräußern. Die Nachkommen des Letzteren besaßen die Güter und Rechte bis zum Erlöschen ihres Geschlechts Ende des 18. Jahrhunderts.

Voßwinkel um 1827

 

Voßwinkel gehörte im Herzogtum Westfalen fast 400 Jahre lang zur Verwaltung der Erzbischöfe von Köln als Grundherrschaft im Quartal Werl.[4] Am 6. Oktober 1802 besetzten Truppen des Großherzogs Ludwig X. von Hessen-Darmstadt als Ausgleich für seine an Napoleon verlorenen linksrheinischen Gebiete das kurkölnische Sauerland. Im Zuge der Neugliederung seiner Besitzungen kamen Voßwinkel und Bachum mit den zum Patrimonialgericht Voßwinkel des Hauses Füchten gehörenden Wohnplätzen Voßwinkel, Haarhof, Nierhof, Höllinghofen, und den Kolonisten auf der Höllinghofer Heide mit im ganzen 512 Einwohnern am 22. September 1807 zum Amt Menden.

Von den Hessen wurde die heutige Bundesstraße 7 (Voßwinkeler Straße), damals die Chaussee vom Schlünder, gebaut. Die Herrschaft Ludwig X. dauerte nur 13 Jahre, denn nach dem Wiener Kongress wurde am 30. Januar 1816 das Herzogtum Westfalen den Preußen übergeben. Das Kirchspiel Voßwinkel kam am 15. Juli 1816 an die Krone Preußens und 1817 durch die Gründung des Kreises an den Kreis Iserlohn (der unter anderem die Stadt und das Amt Menden umfasste), dann aber bereits mit Datum vom 1. Januar 1819[5] zum Kreis Arnsberg. Im Jahr 1837 wurde das Amt Hüsten als eigener Verwaltungsbezirk neu gegründet und die Einsassen der 16 Gemeinden der drei Kirchspiele Hüsten, Voßwinkel und Enkhausen kamen zum Amtssitz des Bürgermeisters Rühl in Hüsten.[6] Mit der preußischen Landgemeindeordnung von 1841 wurde ein Gemeinderat mit einem vom Landrat ernannten Ortsvorsteher in Voßwinkel von den beiden privilegierten Klassen, den Meistbeerbten und den Rittersgutbesitzern, gewählt.[7] Von 1830 bis 1880 erfolgte in sieben verschiedenen sogenannten Rezessen mit großem juristischem Aufwand die Markenteilung und die Ablösung der Huderechte in Voßwinkel und den angrenzenden Gemeinden


Bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Voßwinkel, mit Ausnahme von kleineren Ziegeleien die aus Voßwinkeler Tonschiefer Ziegelsteine und Dachpfannen herstellten[8], eine rein bäuerliche Gemeinde. Im Zuge der Industrialisierung mussten die Einwohner, die nicht auf eigenem Grund und Boden oder in den Diensten der Boeselager’schen Gutsverwaltung/Schloss Höllinghofen standen, lange Anmarschwege in Kauf nehmen, um in den aufstrebenden Nachbargemeinden Neheim, Hüsten und Wickede zu arbeiten. Dieses änderte sich, als im Jahre 1871 die Gebrüder Theodor und Egon Cosack die erste für Voßwinkel nennenswerte Fabrik fast gegenüber der St. Urbanus Kirche errichteten. Bis zum Jahr 1921 wurden dort mit über 100 Beschäftigten Polsternägel produziert, danach erfolgte die Umstellung auf die Herstellung von Kartonagen.

Am 9. November 1885 wurde in Voßwinkel die Spar- und Darlehenskasse für Voßwinkel, Bachum und Wimbern nach dem System des Friedrich Wilhelm Raiffeisen als Genossenschaftsbank durch Zusammenschluss von 78 Bankmitgliedern gegründet.[9]

Am 1. April 1886 bekam der Ort eine sog. Posthülfstelle für das Unterdorf, die ab dem 1. April 1892 mit Ausdehnung auf alle Dorfbereiche als Postagentur der Reichspost weitergeführt wurde. Am 13. Juni 1894 wurde die Telegrafenlinie Neheim-Voßwinkel in Betrieb genommen.[10]

Im Jahre 1897 erhielt Voßwinkel einen eigenen Bahnhof an der oberen Ruhrtalbahn und die im Jahr 1900 in der Nähe des Bahnhofes gebaute größere Ringofenziegelei[8] erhielt einen eigenen Anschluss. In der gleichen Zeit entstand am Bahnhof eine Zweigstelle der Firma Louis Arens aus Menden, die mit 40 Arbeitern vorwiegend Polsternägel – wie auch die Firmen „Wittmann“ und „Schäfer“ an der Alscherstraße – herstellte. Am 13. Juli 1899 wurde die erste Bäckerei (Bäckerei Voß, heute Bäckerei Coerdt) in Betrieb genommen.

Am 24. Oktober 1921 wurde Voßwinkel an das elektrische Netz angeschlossen, was die Gemeinde 400.000 Reichsmark kostete. Der Betrag wurde im Wesentlichen durch Schenkungen des Hauses von Boeselager auf Schloss Höllinghofen und von Firmen, Jagdpächtern und Landwirten aufgebracht.

1938 wurde als weitere größere Fabrik inmitten des Dorfes an der Südstraße die Werkzeugbauanstalt Rittinghaus Söhne (heutige Gebäude der Firma Stock Industrie- und Hallenbau) errichtet und bereits im Jahr 1939 erweitert.

Im Zweiten Weltkrieg entstand im Bereich des Bahnhofes ein Lager der Organisation Todt (OT-Lager) mit Zwangsarbeitern, wahrscheinlich für Aufräumarbeiten im Rahmen der Möhnekatastrophe. Weitere Lager waren in Höllinghofen sowie von 1942–1945 mitten im Ort im Saalbau Schlüter für Zwangsarbeiter der Firmen Cosack Kartonagen und Rittinghaus & Söhne.[11] Am 14. April 1945 wurde Voßwinkel von den amerikanischen Truppen besetzt. Während des Krieges gab es unter der Zivilbevölkerung in Voßwinkel nur eine Tote, die bei einem Bombenangriff starb. Bei einem Tieffliegerangriff auf den Bahnhofsbereich Anfang April 1945 wurde ein Angehöriger der Organisation Todt tödlich getroffen. Er wurde auf dem Voßwinkeler Friedhof beigesetzt.

Voßwinkel-Logo zum Jubiläum 2012 an einer Hauswand

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Einwohnerzahl insbesondere durch die Aufnahme von 350 Flüchtlingen aus den Ostgebieten, von denen die meisten am Ort verblieben. Anfang der 1950er Jahre wurde die Siedlung „Am Stakelberg“ (früher Sonnenufer) gebaut[12], in den 1960er Jahren kam die Siedlung „Höggenbach“ (untere Alscherstraße) hinzu.

1951 erfolgte der Bau der Wasserleitung und die heutige Voßwinkeler Straße bekam die Anschlussmöglichkeit für das Gasnetz. Ebenfalls im Jahr 1951 entstand der stattliche Neubau der Ziegelei am Bahnhof.

Im Jahr 1969 bekam der Ort ein völlig neues Gesicht, da die als Durchgangsstraße verlaufende Bundesstraße 7 von Grund auf neu hergestellt wurde. Die rechts und links der Straße stehenden großen Linden, die einen Alleecharakter erzeugten, wurden gefällt, die Straße wurde verbreitert, auf beiden Seiten wurden Bürgersteige angelegt und auf einer großen Länge Längsparkstreifen gebaut.

Mit der kommunalen Neugliederung am 1. Januar 1975 verlor die Gemeinde Voßwinkel ihre Selbstständigkeit und wurde der heutigen Stadt Arnsberg als Stadtteil angegliedert.

Eine besondere Veränderung im Ortsbild und -charakter erfolgte im Jahr 1982 mit dem Abriss der mitten im Ort stehenden Kartonagenfabrik Cosack und deren Umzug ins benachbarte Industriegebiet Bergheim. Die Ortskernsanierung, aber auch expandierende Gründe der Firma Cosack waren für diesen Schritt ausschlaggebend. Acht Jahre dauerte es dann noch, bis die entstandene Brache mit Häusern, einem kleinen Platz mit Bänken und einem Dorfbrunnen bebaut und im Jahr 1990 feierlich eingeweiht wurde. Dieser Dorfmittelpunkt trägt sowohl in Amtssprachen wie auch im Volksmund den Namen „Gelände Cosack“ oder „Cosack’sches Gelände“. Auf besagtem Gelände befindet sich heute ein Mehrfamilien- und Geschäftshaus.

Im Jahr 2012 feierte der Ortsteil sein 825-jähriges Bestehen mit umfangreichen Aktionen und Festivitäten.